Corona-Krise
Wir machen weiter, auch wenn draußen alles still steht

Wir machen weiter, auch wenn draußen alles still steht

Für die Gesundheit unserer Gesellschaft sind die medizinischen Fachkräfte entscheidend. Aber auch die sozialen Fachkräfte, die während der Corona-Krise unter verschärften Bedingungen arbeiten, kämpfen gegen körperliche, seelische und andere Verwundungen an. „Wir sind vor Ort, wir halten die Stellung“, erzählt beispielsweise Berfin Balık von der Interkulturellen Wohngruppe (IFAK e.V.) in Stahlhausen. Andere Kinder- und Jugendeinrichtungen versuchen über Sprachnachrichten und Videochats den Kontakt aufrecht zu erhalten. Auch das ist überlebenswichtig. Die steigenden Zahlen von häuslicher Gewalt lassen nur erahnen, was die Corona-Krise für Menschen in unsicheren familiären Situationen bedeutet.

Von Berfin Balık

Es ist eine schwierige Zeit. Viele Prozesse stehen still. Aber die Probleme und Belastungen, die einige Menschen im Alltag ohnehin haben, wurden durch den Virus ja nicht abgestellt. Im Gegenteil, der Virus kommt noch obendrauf. Deshalb läuft unsere Arbeit in den Einrichtungen der stationären Hilfen natürlich weiter.*

Wir sind vor Ort, wir halten die Stellung und versuchen, die Zeit mit den Jugendlichen gut zu nutzen. Soweit das möglich ist, versuchen wir natürlich auch, die Vorsichtsmaßnahmen einzuhalten, aber wie viel Abstand ist möglich, wenn man mit zehn Jugendlichen so eng zusammen wohnt? Als pädagogische Fachkräfte bringen wir Ideen ein, um uns mit schönen Dingen zu beschäftigen. Damit wir alle nicht den Mut verlieren. Wir begleiten die Jugendlichen auch zu Ärzt*innen, und innerlich pflegen wir alle auf unsere jeweils eigene Art und Weise die Hoffnung, dass kein Virus in unserem Haus wohnt.

Wie in den meisten Familien sind unsere Kids vormittags mit Schulaufgaben beschäftigt. Aber sämtliche Freizeitbeschäftigungen, die normalerweise anderswo stattfinden, fallen weg. Darum haben wir geguckt, welche Möglichkeiten uns bleiben, und wir haben beschlossen, die Zeit dafür zu nutzen, um gemeinsam im Garten zu arbeiten. Zum Beispiel haben wir ein Hochbeet gebaut, Kräuter gesät und teilweise schon geerntet.

Wenn ich höre, was die Belegschaften in den Krankenhäusern gerade leisten, bin ich voller Ehrfurcht und Dank. Aber etwas ganz Ähnliches empfinde ich, wenn ich an meine Mitarbeitenden denke, die ohne mit der Wimper zu zucken jeden Tag zur Arbeit kommen, ohne Sicherheitskleidung und Plexiglasscheiben. Weil sie wissen, wie wichtig sie für die Menschen sind, mit denen sie arbeiten. Ein bisschen schade finde ich es, dass die sozialen Berufe in den Reden der Politiker*innen nicht ebenfalls genannt werden, wenn (zu Recht!) den Menschen in den Apotheken und Supermärkten für ihren Einsatz gedankt wird. Wir sind 24/7 einsatzbereit, auch an Weihnachten, während des Ramadan, an Ostern, beim Opferfest und in gesellschaftlichen Ausnahmezuständen wie diesen. Wir machen das gerne, aber es stört auch nicht, wenn andere das wahrnehmen und wertschätzen.

*In der Interkulturellen Wohngruppe in Bochum-Stahlhausen leben zehn Jugendliche im Alter zwischen 14 und 18 Jahren. „Wir leben hier wie eine Familie zusammen“, sagt Berfin Balık. Ebenfalls mit zur „Familie“ gehören Jugendliche, die wenige Meter entfernt in einer „Trainingswohnung“ wohnen. Berfin Balik leitet den Fachbereich Stationäre erzieherische Hilfen bei der IFAK e.V. mit Einrichtungen in Bochum, Herne, Gelsenkirchen.